Reichsbürger-Prozess: Verteidigungsschrift weckt massive Zweifel an offizieller Version

Wie lange kann sich ein untergehender Rechtsstaat noch so eine ANTIFA Innenministerin erlauben ?

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Am 21. Mai beginnt der zweite von drei Reichsbürger-Prozessen in Frankfurt am Main. Sie sind Folge der größten Razzia in der Geschichte der Bundesrepublik. Angeklagt ist unter anderem die Richterin und AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann, die aktuell in Untersuchungshaft ist.

Im Gefängnis schrieb die Richterin und AfD-Politikerin eine sogenannte Einlassung, die NIUS exklusiv vorliegt. Bei einer Einlassung handelt es sich um die Stellungnahme eines Angeklagten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. In eben jener Einlassung greift die Angeklagte Malsack-Winkemann den Kern der Anklage an, der besagt, dass die Gruppe um Prinz Reuß einen Staatsstreich gegen die staatliche Ordnung der Bundesrepublik vorgehabt und geplant habe. Birgit Malsack-Winkemann sagt, das stimme nicht, es wäre kein Staatsstreich geplant gewesen.

Schilys Einordnung: „Skurrile Spinner-Truppe, die keine reale Bedrohung darstellt“

NIUS-Recherchen nach tun sich hinsichtlich der zentralen Vorwürfe weitaus mehr Widersprüche und Ungereimtheiten auf, als die bisherige Berichterstattung thematisiert. Diese hat weitestgehend die Sichtweise der Anklage unkritisch übernommen – so sehr, dass sich von einer medialen Vorverurteilung der Angeklagten sprechen ließe.

Dabei sagte selbst der ehemalige Innenminister Otto Schily gegenüber Welt: „Mein subjektiver Eindruck ist, dass diese eher skurrile Spinner-Truppe keine reale Bedrohung für Staat und Gesellschaft darstellt.“ Und weiter: „Dass sich in Deutschland eine Putschistengruppe bildet, die auf einen Staatsstreich hinarbeitet, ist ein neues Kriminalitätsphänomen, sollte aber nicht überbewertet werden.“ 

SPD in Berlin GER, Berlin, 20171207, Otto Schily, beim Bundesparteitag *** SPD in Berlin GER Berlin 20171207 Otto Schily at the Federal Party Congress Der frühere SPD-Politiker und Bundesinnenminister, Otto Schily, bezweifelt, dass von der Reichsbürger-Gruppierung eine tatsächliche Gefahr ausging.

Gab es handfeste Umsturzpläne?

Kritiker wie Befürworter des dominanten Narrativs gehen davon aus, dass die Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß einen Staatsstreich tatsächlich geplant hatte.

Am Herzstück der Anklage tun sich nun erhebliche Zweifel auf. Wollten sie wirklich die Initiative ergreifen und die staatliche Ordnung stürzen? Wegen dieses Vorwurfes drohen den Angeklagten mehr als zehn Jahre Haft. 

Klar ist: Die Angeklagten hingen einem Verschwörungsglauben an, wonach Deutschland kein souveränes Land sei und eine im Verborgenen agierende Macht, die „Allianz“, als rettende Macht vorgestellt wurde, welche die Unsouveränität Deutschlands beenden könnte. Diese Macht sei von internationaler, mächtiger Bedeutung, ihr Eintreten in die Weltöffentlichkeit an „Tag X“ würde die Weltlage fundamental verändern. Wie aus der Einlassung Birgit Malsack-Winkemanns hervorgeht, glaubte auch sie recht lange an diese Vorstellung, nach einer Zeit kamen ihr jedoch Zweifel, weil sich die „Allianz“ nicht zeigte. Auch nahmen ihre Zweifel an Mitgliedern der Gruppierung, die behaupteten, im Kontakt mit der „Allianz“ zu stehen, in dem Maße zu, wie diese ihren Kontakt zu dieser Macht nicht glaubhaft machten konnten. 

Die staatliche Darstellung des Reichsbürger-Narrativs, zusammengefasst auf verfassungsschutz.de.

Was gegen einen geplanten Staatsstreich spricht

Aus der Verteidigungsschrift gewinnt man den Eindruck, dass in der Version der Regierung ein zentraler Sachverhalt absichtlich verschwiegen wird. Er lässt das Geschehen insgesamt in einem anderen Licht erscheinen.

In der Vorstellungswelt der Beteiligten war alles abhängig vom weltweiten Eingriff einer „Allianz“. Ihre Vorbereitungen sind abhängig von einer Wahnvorstellung, die nicht eingetreten wäre. Aus dieser Perspektive kann von einer proaktiven, bestimmten Bestrebung zu einem Staatsstreich keine Rede sein.

Malsack-Winkemann ist nicht die einzige, die dies so sieht. Dem NDR beschrieb der ehemalige Polizist Björn Lars Oberndorf, der im Prozessgeschehen als Zeuge geladen ist, ein Treffen, an dem er teilgenommen hatte. Eingeladen wurde er damals von dem ehemaligen Polizisten Michael Fritsch, der nun ebenso zu den Angeklagten gehört. Der Zeuge Oberndorf sagt:

„Es ging nie darum, dass man an dem Tag X etwas selber macht. Es ging nie darum, was ja später durch die Medien ging, dass man geplant hätte, den Reichstag zu stürmen. Darum ging es nie.“

Hier seine Einordnung beim NDR:

Insofern die Angeklagten ihr Handeln abhängig von einer Wahnvorstellung machen, die nicht eintritt, dürfte eigentlich keine Straftat vorliegen. In der juristischen Standardliteratur zu Paragraf 83 (Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens) heißt es, dass der Tatbestand nicht erfüllt sei, wenn es um „völlig phantastische und offensichtlich irreale, nicht ernstzunehmende Bestrebungen“ geht (zitiert nach „Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar“). 

Laut der Einlassung Birgit Malsack-Winkemanns soll am 7. Dezember 2022, dem Tag der deutschlandweiten Razzia, keine konkrete Planung für einen Reichstagssturm existiert haben. Trotz intensiver Suche soll der Generalbundesanwalt hinterher auch nichts gefunden haben. Auch ihr Mitangeklagter Michael Fritsch hätte bei seiner Vernehmung betont, dass am ‚Tag X‘ keine Aktion von der Gruppe selbst geplant gewesen sei, sondern die „Allianz“ sagen sollte, was dann passiere. Beide Angeklagten wurden in etwa zeitgleich im Frühjahr 2023 vernommen. Beide sollen in dieser Sache unabhängig voneinander das Gleiche erklärt haben.

Kein Parlamentsbetrieb an „Tag X“

Dazu passt auch eine in der Einlassung zitierte Aussage von Prinz Reuß. Auch aus ihr geht hervor, dass die Pläne der Gruppe der Zeit nach Eingriff der „Allianz“ galten. Dem entspricht, dass an den verschiedenen gruppenintern angekündigten „Tagen X“, die aus verschwörungstheoretischen Telegram-Gruppen stammten, nicht einmal Parlamentsbetrieb war – weil der Bundestag da gerade Sommerpause hatte. Schlechte Bedingungen für Reichstagsstürme samt Politiker-Entführungen.

Weil die kommenden Prozesse für die Gerichte so herausfordernd sind: In diesem extra dafür errichteten Gebäude in Frankfurt soll der Reichsbürger-Prozess stattfinden.

NIUS sprach mit einem der Verfahrensbeteiligten, der äußerte, die Gruppierung sei sehr zerstritten gewesen, die Mitglieder agierten keineswegs professionell aufeinander abgestimmt. Demnach gab es im Grunde zwei unterschiedliche Gruppen, eine Gesprächsrunde um Prinz Reuß, der sogenannte „Rat“, und jener Kreis, der mit den para-militärischen „Heimatschutzkompanien“ befasst war. Zwischen beiden Gruppierungen kam es zwar auch zu personellen Überschneidungen, von einer homogenen, koordinierten Gruppe, wie die Anklage behauptet, könne aber keine Rede sein. Auf der Anklagebank würden Leute zusammensitzen, die einander kaum kennen. Trotzdem sollen die Aussagen Einzelner einer angeblich fest zusammenhängenden Gruppierung angelastet werden – während in Deutschland ein Individual- und kein Gruppenrecht Gesetzgrundlage ist. 

Vieles erinnert an Correctiv-Kampagne

Vieles an der polit-medialen Beschäftigung mit den Reichsbürger-Prozessen erinnert an das Correctiv-Spektakel von Anfang des Jahres. Damals startete eine groß angelegte Medien- und Regierungskampagne, die bei einem angeblichen „Geheimtreffen“ besprochene „Deportationspläne“ behauptete. Vor Gericht dementierten die Correctiv-Anwälte schließlich den Kern der Kampagne: Es sei „zutreffend“, „dass die Teilnehmer*innen nicht über eine rechts-, insbesondere grundgesetzwidrige Verbringung oder Deportation deutscher Staatsbürger gesprochen haben“. Diese faktische Zurücknahme des Kerns der Correctiv-Publikation hinderte Politik und Medien jedoch nicht daran, das falsche Correctiv-Narrativ bis heute weiterzuspinnen. Schließlich lässt sich damit Wahlkampf gegen die politische Konkurrenz von rechts machen …

Dass eine zahlenmäßig kleine Gruppe ernsthaft glaubte, aus eigener Kraft den Staat zu stürzen, ist auch dann nicht unbedingt wahrscheinlich, wenn sie verrückten Verschwörungstheorien Glauben schenkte. Deutlich naheliegender wäre, dass die Angeklagten ihre Wünsche nach einer staatlichen Neuordnung auf einen imaginären omnipotenten Akteur projiziert haben, die „Allianz“. Doch fügt sich diese Lesart nicht so gut in den staatlichen „Kampf gegen Rechts“. Mit ihm kann das Faeser-Ministerium von innenpolitischen Problemen wie dem Islamismus ablenken. Für knallharte Machtpolitik nimmt man es mit der Wahrheit nicht so genau …

Es wird auf jeden Fall spannend: 48 Prozesstage sind in Frankfurt bis Mitte Januar 2025 angesetzt, es könnte auch länger dauern. Grund genug, das Geschehen zukünftig aufmerksam zu verfolgen. Die Würfel sind keineswegs gefallen. 

„Geheimplan gegen Deutschland“: Wie das staatlich finanzierte Portal Correctiv eine Wannseekonferenz 2.0 erfand =
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