Ein neues juristisches Gutachten macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe: Demnach wurden während der Corona-Pandemie sechs Milliarden Euro aus der Pflegeversicherung zweckentfremdet, etwa für COVID-Tests. All das müsse der Staat nun zurückzahlen.
In einem kürzlich veröffentlichten juristischen Gutachten werden schwere Vorwürfe gegen den Bund in Bezug auf die Finanzierung der Pflegeversicherung während der Corona-Pandemie erhoben. Die Pflegeversicherung, die unter anderem für die Finanzierung von Pflegeleistungen verantwortlich ist, hat während der Pandemie massive Zusatzkosten getragen, die eigentlich vom Staat hätten getragen werden müssen. Jetzt geht es um sechs Milliarden Euro, die dringend von der Bundesregierung zurückgezahlt werden sollen.
Während der Pandemie wurden aus den Beitragsgeldern der Pflegeversicherung umfangreiche Ausgaben für Corona-Tests und Pflege-Boni für die Beschäftigten finanziert. Laut dem Gutachten, das von der Krankenkasse DAK-Gesundheit in Auftrag gegeben wurde, handelt es sich hierbei um eine verfassungswidrige Zweckentfremdung. „Ein Zugriff auf Sozialversicherungsbeiträge ist verwehrt, weil ansonsten Sozialversicherungsbeiträge zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet würden“, betont die Juristin Dagmar Felix von der Universität Hamburg in dem Gutachten.
Die Kosten für Tests in Pflegeheimen zielten darauf ab, die Ausbreitung des Virus in der Gesamtbevölkerung zu verhindern. Dabei seien jedoch nicht nur die Pflegebedürftigen selbst, sondern auch deren Kontaktpersonen und die Beschäftigten getestet worden. Dies gehöre jedoch nicht zu den Aufgaben der Pflegeversicherung, die allein das spezifische Risiko der Pflegebedürftigkeit abdeckt. Auch die Zahlung der Pflege-Boni sei keine Aufgabe der Versicherung, sondern eine gesamtgesellschaftliche Anerkennungsleistung für die besonders belasteten Pflegekräfte. Diese Maßnahmen hätten daher aus Steuermitteln finanziert werden müssen.
Die durch die Corona-Maßnahmen verursachten Mehrausgaben belaufen sich laut DAK auf insgesamt rund 13 Milliarden Euro. Der Bund hat bislang jedoch nur einen Teil dieser Kosten kompensiert. Etwa sechs Milliarden Euro stehen noch aus, die von der Regierung übernommen werden müssen.
„Das Ergebnis unseres Rechtsgutachtens ist eindeutig: In der Pandemie gab es eine Zweckentfremdung von Beitragsgeldern, die angesichts der akuten Finanzprobleme jetzt korrigiert werden muss“, erklärte Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK. Er warnt davor, dass andernfalls eine Erhöhung der Beiträge unumgänglich sei. Die angespannte Finanzlage der Pflegeversicherung könnte schon Anfang 2025 zu einer Erhöhung des Beitragssatzes um mindestens 0,2 Prozentpunkte führen.
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Verfassungswidrige Zweckentfremdung“Gutachten: Bund muss Pflegeversicherung Milliarden für Corona erstatten
Der Bund ist nach einem neuen juristischen Gutachten aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, der Pflegeversicherung die in der Corona-Pandemie entstandenen Mehrkosten in Milliardenhöhe vollständig zu erstatten.
Die Finanzierung von Corona-Tests oder die Bezahlung von Pflege-Boni für die Beschäftigten seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die aus Steuermitteln zu leisten seien, heißt es in dem Gutachten, das von der Krankenkasse DAK-Gesundheit in Auftrag gegeben wurde. Es liegt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor.
Die Verwendung von Beitragsgeldern für die Corona-Maßnahmen sei eine verfassungswidrige Zweckentfremdung, heißt es darin. „Ein Zugriff auf Sozialversicherungsbeiträge ist verwehrt, weil ansonsten Sozialversicherungsbeiträge zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet würden“, argumentiert die Juristin Dagmar Felix von der Universität Hamburg in dem Gutachten.
Mehrausgaben von 13 Milliarden Euro
Corona-Tests, Pflege-Boni und andere Corona-Maßnahmen haben bei der Pflegeversicherung nach Angaben der DAK zu Mehrausgaben von rund 13 Milliarden Euro geführt. Der Bund hat bisher aber nur einen Teil dieser Ausgaben kompensiert. Nach wie vor sind laut DAK und anderer Kassen rund 6 Milliarden Euro offen.
Die Frage der vollständigen Kompensation ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die Pflegeversicherung tief in den roten Zahlen steckt. Zum Jahresanfang 2025 ist nach Schätzungen der Krankenkassen eine Anhebung des Beitragssatzes um mindestens 0,2 Prozentpunkte nötig.
Diese Erhöhung ließe sich nach Ansicht von DAK-Vorstandschef Andreas Storm verhindern, wenn der Bund die Corona-Kosten vollständig erstattet. „Das Ergebnis unseres Rechtsgutachtens ist eindeutig: In der Pandemie gab es eine Zweckentfremdung von Beitragsgeldern, die angesichts der akuten Finanzprobleme jetzt korrigiert werden muss“, sagte er dem RND. „Wenn die erforderlichen Finanzmittel in Höhe von 6 Milliarden Euro noch in diesem Jahr bereitgestellt werden, kann für die Versicherten die drohende Beitragserhöhung zum Jahreswechsel vermieden werden“, mahnte er.