Zuwanderung von Fachkräften

Harte Fakten entlarven Mär von der Zuwanderung von Fachkräften

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Harte Fakten entlarven Mär von der Zuwanderung von Fachkräften

Die Frage erhitzt die Gemüter und spaltet die politischen Lager seit knapp zehn Jahren: Wer kommt nach Deutschland – und warum? Ein Blick auf die Zahlen bringt Klarheit und lässt die apportierenden Medien und ihre Faktenchecker nackt dastehen.

von Kai Rebmann

„Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da.“ Nicht zuletzt diese Worte von Angela Merkel (CDU) sind im kollektiven Gedächtnis hängengeblieben. Mit diesem lapidar daher gesagten Satz versuchte die damalige Bundeskanzlerin im September 2015 aufkommende Kritik an ihrer Migrationspolitik im Keim zu ersticken. Nicht zuletzt die Behauptung, es seien vor allem die dringend benötigten Fachkräfte, die nach Deutschland kämen, war Merkel zu diesem Zeitpunkt schon längst um die Ohren geflogen.

Und trotzdem versuchen bis heute weite Teile des polit-medialen Komplexes eben dieses Narrativ aufrechtzuerhalten. So wird etwa Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nicht müde, immer wieder zu betonen: „Es wird keine Einwanderung in die Sozialsysteme geben, sondern in den Arbeitsmarkt.“

Oder der „Deutschlandfunk“, wo zuletzt gefragt wurde: „Können Migranten dazu beitragen, den Wohlstand zu sichern, die Wirtschaft zu stärken, und den Sozialstaat entlasten?“ – ganz so, als sei diese Frage nicht längst durch die Realität beantwortet worden.

Im Einzelfall ist das sicher möglich, bezogen auf die allgemeine Migrationspolitik der letzten Bundesregierungen steht unter dem Strich ein klares Nein! Zwar macht der „Deutschlandfunk“ noch eine Milchmädchenrechnung auf, wonach in Deutschland im Jahr 2022 bei 1,5 Millionen Zuwanderungen insgesamt 1,7 Millionen Stellen unbesetzt geblieben seien.

Aber nur wenige Sätze später erfährt der Leser, wo der Hase im Pfeffer liegt und weshalb diese Rechnung zu einfach ist, um auch nur ansatzweise aufgehen zu können: „2022 wanderten 1,5 Millionen Menschen nach Deutschland ein, darunter 960.000 Menschen aus der Ukraine. Weitere Herkunftsländer, aus denen mindestens 35.000 Menschen im vergangenen Jahr nach Deutschland immigrierten, sind Syrien, Afghanistan, Türkei, Indien und Rumänien.“

Das Framing beginnt schon bei der Wortwahl. Begriffe wie „Flüchtlinge“ werden weitgehend vermieden, stattdessen ist lieber von „Einwanderung“ oder „Immigration“ die Rede – was im Zusammenhang mit regulärer Migration sicherlich auch angebracht wäre. Ein Blick auf die oben genannten Herkunftsländer zeigt jedoch, worum es von ein, zwei Ausnahmen abgesehen tatsächlich geht.

Weiteres Beispiel: Erst am vergangenen Montag wurde im ARD-Format breit und lang über das Bürgergeld diskutiert. Die Anwesenden schafften es dabei tatsächlich, die Frage nach den Empfängern dieser umstrittenen Sozialleistung praktisch vollständig auszuklammern. So erfuhren die Zwangsgebührenzahler an diesem Abend zum Beispiel nicht, dass knapp die Hälfte der Bürgergeld-Empfänger Ausländer und fast zwei Drittel einen Migrationshintergrund haben.

Dabei sind die Zahlen alles andere als neu. Schon im vergangenen Jahr wurde bei verschiedenen Gelegenheiten auf diesen Umstand hingewiesen. So etwa von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der im Oktober 2023 beim Gillamoos in Abensberg davon sprach, „dass 62 Prozent unserer Bürgergeld-Empfänger Migrationshintergrund haben“. Oder von Wolfram Weimer im November 2023 bei „Maischberger“, wo der Publizist feststellte: „Es ist in Wahrheit kein Bürgergeld, es ist ein Migrantengeld.“

Letzteres nutzten die ARD-Faktenchecker postwendend, um sich in atemberaubender Manier selbst zu entlarven. Auf diese Aussage von Weimer bezogen, fragten die selbsternannten Hüter der Wahrheit unter anderem: „Bekommen mehrheitlich Menschen mit Migrationshintergrund Bürgergeld?“

Und das hatte der Publizist in der Sendung gesagt: „Es ist in Wahrheit kein Bürgergeld, es ist ein Migrantengeld. Zur Wahrheit dieser Geschichte gehört: 2,6 Millionen Nicht-Deutsche bekommen das Bürgergeld. Darunter sind 900.000 Araber, 1,3 Millionen Ukrainer. Und bei den Ukrainern – wo ich sehr dafür bin, dass wir denen helfen in dieser Not, und Deutschland hat das toll gemacht – aber warum lassen wir die nicht arbeiten? So wie unsere Nachbarn, die Holländer oder die Polen, die das viel besser machen mit den Ukrainern. Warum geben wir ihnen nur viel Geld und sagen, aber arbeiten sollt ihr hier eigentlich nicht? Das verstehe ich nicht, und deswegen finde ich die Initiativen, das zu reformieren, eigentlich richtig.“

Erstens: Die ARD-Faktenchecker erwecken zunächst den Eindruck, als würden sie den Unterschied zwischen „Ausländer“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ nicht kennen. Unter Berufung auf eine entsprechende Nachfrage bei der Bundesagentur für Arbeit teilen die Faktenchecker dem zahlenden Publikum mit: „Demnach hatten insgesamt rund 5,5 Millionen Menschen Anspruch auf Bürgergeld. Die Mehrheit davon, nämlich rund 2,9 Millionen Menschen, hatte die deutsche Staatsangehörigkeit, was einem Anteil von etwa 53 Prozent entspricht. 2,6 Millionen (47 Prozent) waren demnach Ausländer.“

Hier soll also ganz offensichtlich vermittelt werden, die Äußerungen über das „Migrantengeld“ entbehrten jeder Grundlage. Zwar lag Weimer mit der Aussage über „1,3 Millionen Ukrainer“ tatsächlich daneben, im Kern („Migrantengeld statt Bürgergeld“) ändert das aber kaum etwas an ihrer grundsätzlichen Richtigkeit.

Zweitens: Weimer hat nichts davon gesagt – auch wenn es inhaltlich zutrifft – dass „mehrheitlich“ Menschen mit Migrationshintergrund Bürgergeld bezögen. Das wissen natürlich auch die Faktenchecker, weshalb sie, allerdings erst ganz weit unten im Text, einräumen: „Diese Formulierung kann so verstanden werden, dass die Mehrheit der Bürgergeldempfänger einen Migrationshintergrund hat.“

Richtig ist wohl: Die Faktenchecker wollten (!) diese Formulierung so verstehen – um dann einmal mehr wieder etwas widerlegen zu können, was zuvor so niemand behauptet hat. Und nochmal, selbst wenn Weimer es so gesagt hätte, es wäre schlicht und ergreifend zutreffend gewesen, was am Ende selbst die ARD zugeben musste: „Zahlen der Bundesagentur für Arbeit aus dem Juni 2023 zeigen, dass rund 62 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten einen Migrationshintergrund haben.“

Und es gibt noch mehr Daten, die die These vom „Migrantengeld“ stützen und jene der „zuwandernden Fachkräfte“ widerlegen, jedenfalls soweit es die große Mehrheit betrifft. Laut Angaben des Statistischem Bundesamts lebten im Jahr 2022 rund 59,278 Millionen Bürger ohne Migrationshintergrund in Deutschland, was einem Anteil an der Bevölkerung von 71,3 Prozent entsprach. Dem standen 12,191 Millionen Deutsche mit Migrationshintergrund (14,7 Prozent) und 11,634 Millionen Ausländer (14,0 Prozent) gegenüber.

Auf den ersten Blick wird ersichtlich, dass sowohl die Ausländer als auch die Deutschen mit Migrationshintergrund bei der Zahl der Bürgergeld-Empfänger deutlich überrepräsentiert sind – um das mehr als Drei- bzw. Vierfache, wie es gemäß der Verteilung in der Bevölkerung zu erwarten wäre. Ist es vor diesem Hintergrund tatsächlich so abwegig, diese Transferleistung etwas zugespitzt als „Migrantengeld“ zu bezeichnen?

Aktuellere Zahlen zum großen Gesamtkomplex liegen derzeit zwar noch nicht vor. Nachdem sich seit Beginn des Jahres 2024 aber weder die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland spürbar verringert hat noch der Fachkräftemangel über Nacht verschwunden ist, spricht derzeit nur sehr wenig bis nichts für eine baldige Trendumkehr.

Auch bei den neu ankommenden Asylanten verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den ersten beiden Monaten des Jahres nur eine leichte Entspannung. Bis Ende Februar 2024 wurden in Deutschland insgesamt 50.779 Asylanträge gestellt und damit 13,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Und trotzdem bleibt die Situation mehr als angespannt, wie unter anderem ein Blick nach Hamburg zeigt. Die Hansestadt erwägt aktuell die Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten und Parks, sofern die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ausreichen sollten.

Fazit: Die aktuell und schon seit Jahren betriebene Migrationspolitik löst in Deutschland weder den Fachkräftemangel noch entlastet sie die Sozialsysteme – in beiden Fällen wird genau das Gegenteil bewirkt. Statt immer mehr und immer neuer Anreize für illegale Migration bräuchte es Impulse für die Zuwanderung (hoch) qualifizierter bzw. spezialisierter Fachkräfte.